Weltschmerz
eine seelische Grundstimmung von prägendem Schmerz und Traurigkeit. (Duden)
Für gewöhnlich eher verwendet, um melancholische Jugendliche zu beschreiben, bekommt „Welt-Schmerz“ dieser Tage leider noch einmal eine ganz andere, umfassendere und viel profundere Bedeutung.
Café PULS hat sich dem Thema eine ganze Woche lang gewidmet und es aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Wie können wir Menschen mit diesen furchtbaren, abgrundtief bösen Neuigkeiten, die uns in immer kürzeren Abständen erreichen, überhaupt umgehen?
Welcher Ratschlag ist billig, welcher macht Sinn?
+ MEDIENKONSUM einschränken, aber nicht komplett damit aufhören.
Medien im digitalen Zeitalter haben es an sich, uns aufzusaugen und völlig fertig wieder auszuspucken. Es ist sowieso ein no-brainer, nicht zu viel zu konsumieren, aber viele machen es halt trotzdem. Ich hatte auch diese Phasen, gerade als der Israel-Krieg angefangen hat. Noch nie hat mich eine Meldung so unruhig und fertig gemacht. Das sind neue Dimensionen, die sich da auftun, ein tiefer, entscheidender Einschnitt in die Menschheitsgeschichte.
Bilder sind so mächtig, sie pflanzen sich in unser Unterbewusstsein ein und schlagen Wurzeln, deshalb ist es wichtig, sich nicht alles anzuschauen, was X und Co. anbieten. Informieren ja. Aber, wie vor jedem potenziellen Überkonsum: lieber aufhören, bevor einem schlecht wird.
+ VOM ICH ZUM DU denken und handeln.
Wir hier in der westlichen Welt beschäftigen uns tendenziell seehr viel mit uns selbst. Mit unseren Gefühlen, Wünschen, Ansprüchen. Bis zu einem gewissen Punkt ist das gut, darüber hinaus aber nicht. Ein sehr gutes Mittel gegen Zukunftsangst ist es, das Scheinwerferlicht weg von sich selbst und auf andere zu richten. Wem in meinem nahen Umfeld kann ich etwas Gutes tun - Zeit, Essen, Lächeln verschenken? Klingt wieder so banal, das Offensichtliche ist aber vielerorts verlernt worden. Das Einfache ist nicht weniger Wert, nur weil es eben nicht kompliziert ist bzw. klingt.
+ WORAN GLAUBST DU? Fragen stellen.
Welche Rolle spielt der Glaube in unserer Gesellschaft? Woran - oder an wen - wir glauben hat maßgeblich damit zu tun, wie wir uns in dieser Welt bewegen. Zukunftsangst heisst immer auch Angst vor dem Ungewissen und letztlich vor dem Tod. Wie Menschen leiden, ist kaum zu ertragen. Und es fällt mir nicht leicht, das zu schreiben, weil es so schnell missverstanden werden könnte. Aber schließen wir in unserer - bisher stark vom glatten Instagram-Lifestyle geprägten Welt - nicht Schmerz und Leid kategorisch aus? Sind empört. Gar nicht in erster Linie, weil anderen Schmerz und Leid widerfährt, sondern weil es unseren Gefühlshaushalt stört und wir meinen, Leid hätte kein recht in unser Leben einzudringen. Dabei erlebt jeder einmal Leid im unmittelbaren Umfeld, die Frage ist nur wann.
Was ich ungefähr meine, hat C. S. Lewis natürlich viel virtuoser formuliert:
„Für die Weisen der Vergangenheit hatte das Hauptproblem darin bestanden, die Seele mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen … Für [die Moderne] heißt das Problem, die Wirklichkeit den Wünschen der Menschen gefügig zu machen; die Lösung liegt in einer Technik.“*
+ WAS LERNE ICH DARAUS? Tiefer gehen.
Charles Taylor* führt diesen Gedanken weiter aus, indem er die kulturellen Wendepunkte in der Menschheit beschreibt und von der verblassenden ordnenden Präsenz Gottes spricht. Weiter heißt es: „Allmählich stellt sich das Gefühl ein, wir selbst seien dazu in der Lage, diese Ordnung zu tragen.“ (Sind wir nicht). Als Folge hat sich in der westlichen Gesellschaft ein Ziel etabliert: „… die Verhütung von Leiden.“ Leiden, Schmerz und Tod gehört leider in diese Welt, was grausam ist. Wie kann ich diese Tatsache aber nutzen, um mich auf den Weg zu machen und anzufangen, Fragen zu stellen. Tiefer zu gehen. Nach Antworten zu suchen und so daraus zu lernen?
*C.S.Lewis: Die Abschaffung des Menschen (Einsiedeln: Johannes Verlag, 2007)
**Charles Taylor: Ein säkulares Zeitalter (FFM: Suhrkamp, 2009)